In der Chinesischen Medizin ist eine Behandlungssäule die Diätetik oder Ernährungslehre. Es gibt diesbezüglich einige Postulate. Sie betreffen die Art der zu verwendenden Nahrungsmittel (Getreide, Obst, Gemüse, Fleisch, Süßigkeiten), Hinweise zu Getränken, die Zubereitungsart, aber auch zu günstigen Essenszeiten, der Ernährung im Kindesalter und der Energetik der Lebensmittel.
Von elementarer Bedeutung sind schon, die äußeren Umstände, die unsere Mahlzeiten bestimmen. Empfehlenswert ist es, keinen Nebenbeschäftigungen wie Lesen, Fernsehen oder Autofahren nachzugehen, sondern in Ruhe und im Sitzen zu essen und sich vollständig auf das Essen zu konzentrieren. Ein ansprechend gedeckter Tisch und eine Mahlzeit in Gesellschaft sind eine förderliche Vorbereitung für die Verdauung.
Die Morgenmahlzeit sollte zwischen 07.00 Uhr und 09.00 Uhr morgens zu sich genommen werden, der Zeit, in der der Magen besonders gut die ihm zugeführte Nahrung aufnehmen und fermentieren kann. Das Frühstück sollte die reichlichste Mahlzeit sein und das Abendessen, welches möglichst nicht nach 19.00 Uhr gegessen werden sollte, die am wenigsten üppigste.
Da die Verdauung bereits im Mund beginnt, ist es wichtig, die Nahrung gründlich zu kauen. Das erleichtert Magen und Milz die Extraktion der feinen, klaren Essenzen, aus denen das nachgeburtliche Qi gebildet wird.
Die Basis der chinesischen Nahrungspyramide besteht hauptsächlich, zu über 50% aus Getreide und Reis, zusätzlich reichliches gegartes Gemüse, wenig Fleisch und Fisch und sehr reduziert Milch und Rohkost. Süßigkeiten als auch Brot und Gebäck sind im alltäglichen Leben nicht vorgesehen.
Eine nach den fünf Elementen ausgewogene Mahlzeit sollte möglichst Zutaten aus allen fünf Elementen, allen fünf Geschmacksrichtungen (Holz – bitter, Feuer – bitter, Erde – süß, Metall – scharf und Wasser – salzig) und allen thermischen Bereichen (kalt, kühl, neutral, warm und heiß) beinhalten. Das führt dazu, dass alle Funktionskreise einbezogen und alle Organe in ihrer Funktion unterstützt werden. Wenn alle fünf Geschmäcker gleichmäßig angesprochen werden, entsteht nach einer Mahlzeit weder Appetit auf eine süße Kleinigkeit wie ein Stück Schokolade, noch auf eine vermeintlichen Muntermacher wie Kaffee. Ein schnell wieder auftretendes Hungergefühl (ca. zwei Sunden nach einer Hauptmahlzeit) spricht dafür, dass nicht alle fünf Elemente, Geschmacks- und Thermikrichtungen in der Mahlzeit enthalten waren.
In China wurden traditionell wenig Milchprodukte gegessen, da den Chinesen genetisch bedingt, kaum oder nur in geringem Maße das Milchzucker abbauende Enzym, Laktase, zur Verfügung haben. Adaptiert an den westlichen Kulturkreis, bedeutet das, dass auf dem Speiseplan sollten möglichst wenig Kuhmilchprodukte vertreten sein, da Erwachsene den Milchzucker, Laktose, nicht mehr so gut verdauen können, da nach dem Schulkindalter (etwa ab dem 11.Lebensjahr) physiologisch weniger Laktase durch den Körper bereitgestellt wird. Die einzigen Kuhmilchprodukte, die nach der chinesischen Diätetik als problemlos verzehrbar gelten, sind Süßrahmbutter und Sahne, in geringem Maße. Hochwertige Öle sollten jedoch reichlich in der Küche Verwendung finden.
Den Verzehr von Rohkost gering zu halten ist sinnvoll, denn Ungegartes entzieht dem Verdauungstrakt mehr Energie als ihm durch die Verstoffwechselung zugeführt wird, es ist also eine Minusbilanz.
Die Fünf-Elemente-Lehre klassifiziert alle Nahrungsmittel und Getränke entsprechend der Elemente und einer thermischen Wirkrichtung, wodurch eine bestimmte Wirkung auf die Organe entfaltet wird. Um sich so natürlich und bekömmlich wie möglich zu ernähren, sollte zu regionalen und immer den saisonal verfügbaren Produkten gegriffen werden, da somit die meisten Prinzipien automatisch eingehalten werden. Wenn möglich, ist Bio-Produkten der Vorzug zu geben, da diese Lebensmittel keine oder wenig synthetische Zusatzstoffe enthalten, die problematisch auf den Organismus wirken können. Auch auf Fertigprodukte wie Mikrowellengerichte, Tiefkühlkost oder stark industriell verarbeitete Produkte häufig zurück zu greifen, ist unbedingt zu vermeiden, da diese Nahrung Qi-arm ist und somit dem Körper wenig gute Bestanteile zur Verfügung stellt, um eine positive Energiebilanz aufrechtzuerhalten.
Besonders im Winter auf Südfrüchte, wie Zitrusfrüchte, Mangos und Bananen zu verzichten, ist aus der chinesischen Sichtweise betrachtet äußerst günstig, da diese Früchte thermisch kalt sind und zu einer Ansammlung von Kälte und Schleim führen können, was sich dann in verschiedenen chinesischen Krankheitssyndromen, die wir als Erkältungskrankheiten kennen, niederschlägt.
Da es immer wieder zu Zeiten stärkerer Beanspruchung oder größerer Anstrengungen im Leben kommt, ist es ratsam, gerade in diesen Phasen den Körper mit guter, leichtverdaulicher Nahrung zu unterstützen. Diese sollte vornehmlich aus dem Funktionskreis Erde stammen, d.h. Getreide wie Hirse oder Süßreis, Wurzel- oder Knollengemüse, wie Karotten, Kartoffeln, andere Gemüse wie Kürbis und Fenchel und etwas Fleisch, am besten Rindfleisch enthalten. Es eigen sich lange gekochte Suppen, genauso wie Pfannengerichten. Alle dem Erdelement zugehörigen und eigen¬geschmacklich leicht süßen Lebensmittel stärken unsere Verdauung und stabilisieren darüber auch unsere Mitte.
Auf Speiseeis als Dessert sollte möglichst verzichtet werden. In China heißt es, dass Eis das einzige Nahrungsmittel ist, welches im Gehen zu sich genommen werden darf, da die Dynamik des Laufens mildernd auf die Kälte des Eises wirkt, die sonst den Verdauungstrakt quasi einfriert.
Auf den Speisenplänen der meisten Menschen stehen täglich mehr oder weniger große Mengen Brot oder Brötchen, süße Gebäcke wie Kekse und Kuchen. Nach den Regeln der TCM betrachtet, ist das eher ungünstig, da diese zwar dem Erdelement angehören, aber ebenfalls thermisch kalt sind, was zu einer Belastung des Verdauungstrakts führt.
Neben Speisen haben auch Getränke einen Einfluss auf das Wohlbefinden. Für eine unterstützende Wirkung ist es günstig, auf kalte oder eisgekühlte Getränke verzichten. Diese kühlen nur unnötig den Verdauungstrakt, erschweren somit die Verdauungsvorgänge und verhindern die bestmögliche Verwertung der in der Nahrung enthaltenen Bestandteile. Außerdem ist es ratsam, nicht während der Mahlzeit zu trinken, da Getränke nur zu einer unnötigen Verdünnung der Verdauungssäfte führen. Daher ist es zu empfehlen, zwischen den Mahlzeiten zu trinken.
Bezüglich der Trinkmenge gibt es in der TCM keine Normen. Jeder Mensch sollte entsprechend seinem Durstgefühl trinken, d.h. nur so viel trinken wie er möchte und nicht eine festgelegte Literanzahl. Patienten haben je nach pathologischem Krankheits¬muster unterschiedlich Trinkbedürfnisse, beispielsweise auf Grund einer Fülle von Kälte oder Nässe.
Innerhalb des großen Spektrums an zur Verfügung stehenden Getränken gibt es solche, die günstiger für das Wohlbefinden sind und andere, die wiederum einen eher negativen Einfluss haben, besonders wenn diese in hohem Maße konsumiert werden. In unserem Kulturkreis beliebte Getränke wie Kaffee, Schwarzer und Grüner Tee sind thermisch gesehen warm und gehören zum Feuer-Element und haben einen bitteren Geschmack, d.h. sie gehören dem Yang-Aspekt an. Bei einem zu reichlichen Genuss wirken diese ungünstig auf den Körper, sie verursachen besonders bei Frauen führen sie zu einem Blutmangel, welcher sich in Schlafstörungen äußern kann. Außerdem regen sie den Stoffwechsel an, in dem sie die Darmpassage beschleunigen, wodurch die Wasserrückresorption nicht in ausreichendem Maße von statten geht und die Harnausscheidung gesteigert wird.
Sehr positiv wirkt sich heiß getrunkenes Wasser, quasi ein Tee ohne Teebeutel, auf den Organismus aus. Besonders dann wenn es ca. 15 bis 20 Minuten gekocht wird, dadurch verändert sich die Kalkstruktur des Wassers und sein Geschmack wird angenehm süßlich. Eine Thermoskanne mit lang gekochtem heißen Wasser, welches über den Tag verteilt getrunken wird, versorgt den Körper ideal mit einer die Organe unterstützenden und die Verdauung fördernden Flüssigkeit, da sie thermisch neutral ist und dem Erdelement angehört.
Nicht nur die Auswahl der Lebensmittel hat Einfluss auf ihre Wirkung, sondern auch die Form der Zubereitung. Es gibt Zubereitungsarten, die eher das Yin fördern, d.h. eher abkühlen und welche, die eher das Yang stärken und somit wärmend wirken. Yinisierend wirken Dünsten und kurzes Überbrühen (Blanchieren), hingeben heben langes kochen, braten und grillen das thermische Niveau (Yangisieren), was sich positiv auf die Zirkulation des Qi auswirkt.
Abschließend sei noch erwähnt, diese Postulate sind Empfehlungen, die nicht um jeden Preis umgesetzt werden müssen. Abweichungen oder kleine Sünden, sind wichtig, um im Alltag diese Regeln weitestgehend berücksichtigen zu können. Alles in Maßen verzehrt, schafft eine gute Basis für eine ausgewogene Ernährung.